Eine Charakterbeschreibung unserer Kakadus

Der Weißhaubenkakadu ist, wenn er sozialisiert aufgewachsen konnte, ein lieber, umgänglicher Papagei. Dieser anhängliche Kakadu ist bekannt für sein Nachahmungstalent und sein mitunter clownhaftes Benehmen. Wie der Molukkenkakadu ist er ein verkuschelter "Schoßvogel", der sich sehr stark an seinen Pfleger binden kann. Trotzdem, oder gerade deswegen, erwartet er von seinem Besitzer ein gewisses Maß an Konsequenz und Bereitschaft, sich mit ihm zu beschäftigen. So schön dieser überaus aktive Vogel auch ist - nur "herumsitzen und schön sein" ist nichts für ihn - er ist laut und unerbittlich, wenn es um seine eigenen Interessen geht!
Aber jedes Tier hat - neben den seiner Art zugeschriebenen charakterlichen Eigenschaften - sein ganz eigenes Wesen. Sogar unsere Wellensittiche waren allesamt unterschiedlich. Daher muss man sein Tier immer erst richtig kennenlernen. Den Charakter unserer Weißhauben kann man grundsätzlich als entspannt und gelassen beschreiben. Wenn sie sich wohlfühlen, zeigen sie dies durch Komfortverhalten wie leichtes Aufplustern des Kopfgefieders, Schütteln des gesamten Gefieders, leises Schnabelknirschen oder leichtes Kopfschütteln. Ebenfalls ein Zeichen der Entspannung sind Strecken der Flügel, Hinhalten der Füße zwecks Streicheln oder Fuß-zu-Hände-Druck (analog Händedruck Menschen) oder Kommunikation mit uns durch Laute, die sich anhören wie: "Na?" oder "Häh?" Begleitet wird dies oft durch einen intensiven Blick ins Gesicht oder Zupfen an den Haaren. Stella untersucht gerne jede Unregelmäßigkeit auf unserer Haut oder richtet einem schon mal die Augenbraue oder Wimpern zurecht - meist liebgemeinte Gesten, an die man sich bei dem Riesenschnabel durchaus erst gewöhnen musste. Ein weiterer entspannter Kommunikationslaut ist das sogenannte "Gackern", welches ein wenig an einen Delphin erinnert und täglich sehr häufig verwendet wird.

Sie können aber schnell aufbrausend reagieren und zeigen dies dann durch Aufstellen der Haube bis hin zu beeindruckendem Imponiergehabe wie Flügel spreizen und lautes Kreischen. Meist wird dies begleitet durch plötzliches Einfrieren der Bewegungen und schleichendes langsames Klettern über Äste oder Arme.
Weißhaubenkakadus sind zudem auch noch sehr intelligent. Ihre Intelligenz liegt vergleichsweise bei der eines ca. 3-4 jährigen Kindes. Wenn man es genau nimmt, hat man es also mit fliegenden Vorschulkindern zu tun und durch Spiele und kleine Aufgaben kann man ganz klar feststellen, wie intelligent und vor allem lernfähig sie sind. Louis beispielsweise hat sich aus Ästen bereits ein Werkzeug gebaut, um damit an Futterreste heranzukommen. Gerade diese Intelligenz macht eine Haltung dieser Kakadus unglaublich anspruchsvoll. Sie wollen gefordert und beschäftigt werden, können nicht einfach den ganzen Tag herumsiten und schwatzen, was dem vergleichsweise gemütlichen Graupapageien viel leichter fällt. Sie sind, abgesehen von kurzen Pausen, ständig aktiv.
Hin und wieder - meist während der Abenddämmerung - drehen Stella und Louis nochmal ordentlich auf und werden richtiggehend albern. Sie fliegen laut kreischend in der Außenvoliere hin und her, springen von Weitem an Seile und Äste und lassen sich mit aufgestellter Haube kopfüber herunterhängen. Dabei wird der Kopf von rechts nach links geworfen und im Takt dazu lauthals gekreischt. Dieses Kreischen hört sich anders an, als das "normale" Kreischen - mehr jallernd und, wie gesagt, fast schon albern. Dann ist es den beiden anscheinend irgendwann zu dunkel und sie sind plötzlich im Nistkasten verschwunden. Ruhe - auch gut. Morgen ist auch noch eine Tag!
Stella und Louis kennen "ihren Schwarm", also uns, ganz genau. Sie wissen, dass sie von 3 Erwachsenen regelmäßig und dauerhaft versorgt werden und weitere 3 Erwachsene ebenfalls zu ihrem Schwarm gehören, aber nicht dauerhaft anwesend sind. Jeden kennen sie persönlich und reagieren auch auf jeden von uns entsprechend anders. Ich habe oft das Gefühl, dass sie sich bei mir (ihrer "Mutti") sogar etwas anders verhalten. Sie fordern ihre Kuscheleinheiten ein oder sind manchmal irgendwie quengeliger...wie Kinder. Wir haben daher darauf geachtet, dass die beiden stets von allen besucht und auch versorgt werden, weil wir festgestellt haben, dass sie dann wesentlich entspannter sind, als wenn sie immer nur von einer bestimmten Person versorgt werden. Gerade wenn es darum geht, das Schutzhaus zu betreten, können sie sehr eigenwillig werden und würden nach kurzer Zeit alle anderen eventuell nicht mehr an diesem Ort dulden. Aber für die Vögel - besonders für Louis - gibt es vermutlich eine Rangordnung bei uns menschlichen Mitgliedern seines Schwarmes. Zumindest haben wir das Gefühl, dass er sich bei den Männern repektvoller benimmt, als bei Frauen.
 

Die Sprache unserer beiden Weißhauben mussten wir anfangs zunächst richtiggehend lernen. So bedeutet zum Beispiel ein scharfes Schnabelklappern, dass bitte heftig gekuschelt werden soll. Gerne in der Form, dass man den kompletten Kopf des Vogels in die Hand nimmt und das Gefieder kröftig mit den Fingern durchknetet.

Dabei hört sich dieses Klappern eigentlich recht bedrohlich an. Es ist relativ laut und klingt sehr hart - man hört förmlich die Stärke des beeindruckend großen Schnabels heraus. Anfangs hat uns dieses Geräusch erschreckt und verunsichert, aber durch die Tatsache, dass dieses Klappern eindringlich und laut während des Aufenthaltes im Nistkasten auftritt, konnten wir es nach und nach richtig einschätzen.

Jetzt ist es direkt als Aufforderung für uns gemeint: "Komm mit zum Nistkasten und kraul uns dort drin" oder "Nimm mich in den Arm und kraul mich ganz fest"  Ein Kippen der Laune ist in solchen Momenten meist unwahrscheinlich.

Besonders sprachbegabt sind unsere Kakadus ansonsten allerdings nicht. Das ist uns aber auch nicht so wichtig, weil sie ihre ganz eigene Art der Kommunikation haben und wir sie mittlerweile gut verstehen. Louis kann immerhin "Hallo" sagen und hat während der Brutzeit perfekt das Kläffen des Nachbarhundes imitiert. Geräusche wie die Wasserpumpe oder Maschinen- oder Motorgeräusche in der Nähe wurden auch gerne nachgeahmt - es war für ihn eben eine sehr langweilige einsame Zeit, während Stella brütete. Hier waren auch vermehrt Stimmungsschwankungen und schlechte Laune bei ihm zu verzeichnen. Die Brutzeit ist bei allen Papageien immer eine sehr anstrengende, mitunter auch unschöne Zeit, was die Laune - vor allem der Hähne - angeht. Während dieser Zeit wird ganz deutlich, dass Papageien nicht domestiziert sind. Sie pfeifen auf Erziehung und Benimmregeln und folgen ausschließlich ihrem Instinkt. Genau hier entscheidet sich, ob ich als Papageienhalter überhaupt geegnet bin und damit umgehen kann, denn es ist bekannt, dass viele Papageien bei Eintritt der Geschlechtsreife abgegeben werden!

Es ist daher vorteilhaft, die Kakadus ständig mit kleinen Aufgaben zu beschäftigen, wenn man sie besuchen geht. Einfach in die Voliere stellen oder setzten und sie alles Weitere bestimmen lassen, kann unter Umständen unangenehm werden, da sie durch ihr aktives und allzeit zu Unfug bereitem Wesen schnell die Führung übernehmen  Dann kann schon mal eine Brille vom Kopf gerissen  werden und quer durch die Voliere fliegen, weil die Herrschaften einfach gerade entschieden haben, dass diese ein Fremdkörper ist und dringend entfernt werden muss. Hier kommen wieder die kleinen Kinder zum Vorschein, denen ein Detail plötzlich auffällt, welches zu spontanem Handeln animiert Deswegen ist genaue Beobachtung der Vögel und durch Beschäftigung gelenktes Verhalten auf Dauer ungefährlicher. Stellt man fest, dass die Laune heute nicht zu retten ist, tut man gut daran, den Besuch auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben und sich auf eine selbstsichere Art zu entfernen. Niemals sollte hierbei der Eindruck von "Flucht" entstehen! Das könnte einen nachhaltigen Eindruck von Schwäche hinterlassen.

Wir haben festgestellt, dass Louis und Stella sogar ihre eigene kleine Hierarchie mit entsprechendem Rollenverhalten haben. Grob betrachtet ist Louis der Ranghöhere. Stella darf beispielsweise oft nur zugucken, wenn Louis Schrauben auseinander schraubt oder den Edelstahl Behälter aufschraubt, in dem die Leckerlis versteckt sind. Hierbei sind die Rollen klar verteilt - Louis ist der Chef-Mechaniker. Stella akzeptiert das, schaut ihm dabei geduldig zu und - hier wieder die sprichwörtliche Intelligenz - begibt sich im richitgen Moment auf den Boden unterhalb des schraubenden Louis, um sich als erste ein Leckerchen zu sichern. Denn daß die irgenwann herunterfallen, weiß sie genau. 
Während der Brutzeit ist sie dann meistens sehr sanft und glücklich und freut sich in den Brutpausen immer sehr, wenn wir sie besuchen. Louis übernimmt hier die wichtige Rolle des Aufpassers und Beschützers und löst Stella auch beim Brüten ab. Dann wieder sitzt er stundenlang herzzerreißend kläffend oder jaulend auf einem Ast in der Aussenvoliere, während Stella brütet. In solchen Phasen kann es ein großer Fehler sein, ihn aus Mitleid einfach mal zu besuchen - genau in einem solchen Moment wurde die Rangordnung zum rangniedrigsten Schwarmmitglied durch einen unvermittelten Angriff ins Gesicht klargestellt. Dieses Verhalten entspricht aber nunmal exakt seinem Instinkt. Er macht alles richtig - wir Menschen müssen uns dann einfach zurückhalten und den Papageien ermöglichen, ihre Triebe auszuleben. Es kommen auch wieder bessere Momente - beispielsweise, wenn Stella dann eine Pause einlegt und beide in der Aussenvoliere sind. Dann ist Louis meistens wieder entspannt und gutgelaunt. Sie genießen ihre Zeit zusammen und lassen sich gerne mit lauwarmen Wasser duschen oder fordern ihre Kuscheleinheiten ein.

Louis´ Laune hängt sehr mit Stellas Befindlichkeit zusammen. Ist sie sehr brutig und verschwindet bei kleinsten Geräuschen auf ihrem Nest, wird Louis immer angespannter - alles birgt plötzlich potenzielle Gefahr. Sogar wir, wenn wir die Futternäpfe im Schutzhaus wechseln wollen. Das sind die gefährlichen Momente, die man genau beobachten und möglichst umgehen sollte.
Ein großer Vorteil bei der Papageienhaltung in der Aussenvoliere ist die Tatsache, daß durch winterliches Wetter und entsprechend weniger Sonnenlicht die Brutzeit im Herbst irgendwann endet. Ab Oktober sind unsere Kakadus wieder die liebenswerten Chaoten, als die wir sie kennengelernt haben. Wären sie dauerhaft im warmen Haus mit täglich gleichem Licht untergebracht, würden sie vielleicht von einer Brut zur nächsten kommen. Das wäre auf Dauer für die Gesundheit von Stella nicht förderlich - und für uns als Halter sehr anstrengend...